Irrwege

Rheinradweg zum Ersten

Die große Radreise für dieses Jahr – der Elberadweg – steht bald an. Aufgrund der Dienstreisen und des Wetters habe ich aber noch bei weitem nicht so viele Kilomenter in Beinen und Hintern, wie ich es eigentlich geplant hatte. Also bin ich über Ostern zum Training einen Teil vom Rheinradweg gefahren.

Tag 1: Frankfurt - Bingen

Der erste Teil des Tages war eher Mittel zum Zweck. Wenn man von Frankfurt zum Rhein möchte, muss man halt erstmal bis Mainz kommen. Und um ehrlich zu sein, schön ist der Main auf der Strecke nicht wirklich. Wenn man erstmal aus Frankfurt raus ist, gibt es zunächst viel Industrie und Baustellen. In Mainz musste ich außerplanmäßig über den Rhein fahren, weil die eigentlich geplante Strecke gesperrt war. Zum Glück hätte ich eh die Uferseite wechseln wollen, allerdings erst später. Aber so entging mir ein vermutlich schöner Uferweg.
Erst ab Eltville wird der Rheinradweg richtig schön. Da ich Eltville von einer vorherigen Tour schon kannte, habe ich hier keine Pause gemacht (würde sich aber lohnen, es ist ein wirklich hübsches Städtchen). Ab hier präsentiert sich das Rheingau von seiner schönsten Seite. Es gibt v.a. Weinberge und die dazugehörigen malerischen Örtchen…
Neben Eltville bietet sich auch Rüdesheim zum hindurchbummeln an. Genau genommen würde ich beim nächsten Mal sogar vermutlich eher in Rüdesheim Station machen als in Bingen. Hier gibt es auch die nach dem 2. Weltkrieg nicht wieder aufgebaute Hindenburgbrücke. Es ist sowohl beeindruckend, die Überreste der Brücke zu sehen, als auch wie sich die Natur diesen Ort zurückerobert hat.

Irgendwo zwischen Mainz und Bingen
Irgendwo zwischen Mainz und Bingen
Kunst am Kran
Kunst am Kran
Hindenburg-Brücke bei Remagen
Hindenburg-Brücke bei Remagen

Von Rüdesheim nach Bingen muss man die Rheinseite wechseln. Die nächste unversehrte Brücke ist jedoch über 25 km entfernt. Zum Glück gibt es eine Fähre, die jeden Tag quasi im Zehnminutentakt hin und her pendelt (Preis für Radfahrer: 2,70 €).

Bingen hat zwar die Burg Klopp, und den Mäuseturm (den man von Bingen aus aber grade mal so sehen kann), aber ansonsten hat die Stadt nicht viel zu bieten. Außer man interessiert sich für Hildegard von Bingen. Das Museum soll ja ganz sehenswert sein. Aber bei dem super Wetter habe ich mich dafür entschieden, mir am „Kulturufer“ ein Restaurant zu suchen und mit Blick auf dem Rhein in der Sonne zu sitzen und Leute zu beobachten.
Die Burg hat einen Turm, den man besteigen kann und der eine phantastische Aussicht verspricht. Ich bin ja immer für Aussichtstürme zu haben, also bin ich auch diesen mit müden Beinen hochgeklettert. Aber ganz ehrlich? Wirklich mehr als vom Rheinufer sieht man nicht.

Blick über Bingen
Blick über Bingen

Der neue Sattel (SQlab 604) entpuppt sich übrigens als gute Investition. Keine tauben Stellen mehr! Yay! Und erst nach ca. 60 km hat der Hintern begonnen, unleidlich zu werden. Mal sehen, wie es ihm morgen geht…

Tag 2: Bingen - Koblenz

Zwischen Bingen und Koblenz ist der Rhein wirklich schön. Es gibt so gut wie keine Industrie, nur malerische Örtchen und jede Menge Burgen, Burgruinen, Türmchen und so weiter.
Leider hat der Radweg mich zwar am berühmten Bingener Mäuseturm vorbei geführt, allerdings standen so viele Bäume dazwischen, dass ich ihn nicht erspähen konnte. Aber kurze Zeit später geht der Weg tatsächlich direkt am Rhein entlang. Auch die Bäume verschwinden recht bald – im Hochsommer würde ich den Rheinradweg hier nicht unbedingt empfehlen. Aber bei diesem traumhaften Osterwetter ist es einfach perfekt. Es gibt sogar Badestrände, die tatsächlich verlockend aussehen!
Man muss zum Genießen allerdings die Straße ignorieren, die die ganze Zeit parallel läuft. Der Rheinradweg ist baulich von der Straße getrennt, es besteht also kaum Risiko, über den Haufen gefahren zu werden. Aber ruhig ist es hier leider nicht. Neben der Straße gibt es auch noch die Bahngleise, die sind allerdings nicht allzu stark befahren. Im Gegensatz zum Radweg. Ganz schön was los hier!
Ich habe vermutlich noch nie so oft auf einer Radtour angehalten, wie auf dieser Strecke. Hinter jeder Biegung des Rheins taucht ein neuer malerischer Ausblick auf. Mal mit Burg, mal ohne… hier stören nicht mal die Frachtschiffe, die vereinzelt zu sehen sind.
Und dann gibt es natürlich noch die Loreley. Wenn man unten nicht drangeschriebem hätte, dass es der Loreleyfelsen ist, wäre es schwierig ihn als besonders zu erkennen. Aber spätestens in St. Goar merkt man, dass man sich hier an einem Touri-Hotspot befindet. Souveniergeschäfte, englische Werbung, viele Menschen… da merkt man einen deutlichen Unterschied zu den übrigen Örtchen hier.
Obwohl die Aussicht nicht wirklich abwechslungsreich ist, sind mir die vier Stunden nicht lang geworden (allerdings ist mein Hintern heute deutlich früher unleidlich geworden als gestern).

Burgen...
Burgen...
... noch mehr Burgen...
... noch mehr Burgen...
... und die Loreley
... und die Loreley

Entgegen meiner Gewohnheiten bin ich nach der Dusche nicht sofort eingeschlafen, sondern habe mich recht bald aufgemacht um Koblenz zu erkunden. Dabei war es gar nicht so einfach, überhaupt in die Stadt zu kommen. Ich war bei der Hotelbuchung nicht ganz aufmerksam und so lag das Hotel etwa eine Stunde Fußmarsch von der Koblenzer Innenstadt entfernt. Immerhin fährt quasi direkt vorm Hotel der Bus ab. Einmal in der Stunde. Soweit so gut, ohne den Fahrplan zu kennen, stand ich keine fünf Minuten vor Abfahrt an der Haltestelle. Yay! Dummerweise ohne Portemonnaie…
Auf den nächsten Bus wollte ich nicht warten, also habe ich mir ein Taxi gegönnt. Notiz an mich selber: beim Buchen des Hotel nicht nur auf den Preis achten, sondern auch auf die Erreichbarkeit des Stadtzentrums! (Wobei das Hotel echt gut war, also war das in Summe schon ok.)
Der Taxifahrer mir während der Fahrt dann immerhin ein bisschen was über Koblenz erzählt (über den Wahrheitsgehalt seiner Geschichten möchte ich allerdings nicht spekulieren). Die Stadt ist ganz nett, man merkt aber dass Touristen hier eine Haupteinnahmequelle sind. Beim Abendessen im Alten Brauhaus, wurde ich mit einem älteren kanadischen Pärchen an einen Tisch gesetzt, was sehr unterhaltsam war. Irgendwann habe ich mich jedoch abgesetzt, um zur Festung Ehrenbreitstein zu fahren.
Dort war nämlich Festungsleuchten, d.h. diverse Lichtinstallationen luden zur Betrachtung ein. Hatte ich gar nicht auf dem Schirm gehabt. Und solche Gelegenheiten muss man halt nutzen. Die abgestrahlte Fassade kam an die „Lumiere des Carrieres“ zwar nicht heran (was allerdings auch ziemlich schwer ist), aber die lichtgewordenen Kinderzeichnungen waren echt süß.

Liebfrauenkirche in Koblenz
Liebfrauenkirche in Koblenz
Fachwerk in Koblenz (4 Türme)
Fachwerk in Koblenz (4 Türme)
Nachts in Ehrenbreitstein
Nachts in Ehrenbreitstein

Tag 3: Koblenz - Bonn

Da ich es gestern tatsächlich geschafft habe, beim Stadtbummel in Koblenz das Deutsche Eck auszulassen, habe ich das heute nachgeholt. Der Zusammenfluss von Mosel und Rhein ist zwar nicht wirklich spektakulär, aber doch nett anzusehen. Und das Reiterstandbild von Kaiser Wilhelm ist definitiv beeindruckend groß.
Die spontane Änderung der Route führte bei Komoot jedoch zu leichten Verwirrungen. Die „Nebenstraße“ die mich laut Komoot vom Deutschen Eck ans andere Moselufer bringen sollte, war – anders als erwartet – keine Brücke sondern wohl eine Fähre, die jedoch weit und breit nicht zu erspähen war. Also musste ich einen kleinen Umweg zur nächstgelegenen Brücke nehmen. Zum Glück war die hier nicht 25 km weit entfernt…
Leider ist der Rheinradweg hier kein Highlight. Die Straße liegt zwischen dem Radweg und dem Rhein, so dass man diesen kaum sieht. Dementsprechend ist hier auch deutlich weniger los.
Erst hinter Bad Breisig radelt man wieder direkt am Ufer entlang. Es ist zwar nicht mehr so idyllisch schön wie zwischen Bingen und Koblenz, aber zumindest deutlich schöner als auf dem ersten Teil der heutigen Strecke. Obwohl hier wieder Slalom fahren angesagt war, hat es gereicht um mich wieder mit dem Rheinradweg zu versöhnen 😉 Ich habe allerdings deutlich seltener zum fotografieren angehalten als gestern…

Deutsches Eck
Deutsches Eck
Hinter Koblenz - nicht ganz so schön hier
Hinter Koblenz - nicht ganz so schön hier
Pause in Bad Breisig
Pause in Bad Breisig

Bis Bonn bleibt das Ganze dann quasi unverändert. Bonn selber habe ich anscheinend zur falschen Zeit erwischt. Es wird viel renoviert – was zwar prinzipiell gut ist, aber nicht, wenn dann alles wegen Renovierung geschlossen bleibt.
Also klingt der Tag zunächst im Biergarten „Alter Zoll“, mit Blick auf den Rhein in der Sonne sitzend, dann im Hofgarten auf der Wiese in der Sonne liegend und am Ende auf der Dachterasse des Hotels aus.

Tag 4: Bonn - Köln

Von Bonn nach Köln ist es ja quasi nur ein Katzensprung. Also habe ich mich für einen Abstecher nach Brühl entschieden. Hier gibt es zwei benachbarte Schlösser, Augustusburg und Falkenlust. Da ich bei solchen Ausflugspunkten inzwischen schon häufiger mal vor verschlossenen Türen stand, habe ich extra vorher auf der Homepage gecheckt, wie es an Ostermontag aussieht. Anders als dort behauptet, war das kleine Jagdschloss Falkenlust leider doch geschlossen. Durch den die beiden Schlösser verbindenden Park darf man mit dem Fahrrad nicht fahren, also bin ich außenrum geradelt. Augustusburg war geöffnet, ich habe mir aber nur den Park angeschaut. Im Schloss ist Fotografieren nicht erlaubt, daher war der Reiz für mich eher gering, hineinzugehen.

Jagdschloss Falkenlust
Jagdschloss Falkenlust
Augustusburg
Augustusburg

Von hier war es nicht mehr weit bis Köln. Ich hatte ähnlich viel Industrie und wenig Natur erwartet wie auf der Strecke von Frankfurt nach Mainz, doch ich wurde angenehm überrascht. Dafür war hier wieder deutlich mehr los. Reisegeschwindigkeit war nicht wirklich gut aufrecht zu erhalten. Und in Köln selber ist an Radfahren gar nicht mehr zu denken. Dafür war das Wetter einfach viel zu schön, und es waren unglaublich viele Menschen unterwegs um das schöne Wetter zu genießen…

Allzuviel Zeit hatte ich hier aber auch nicht totzuschlagen, bevor mich schon der Zug wieder gen Frankfurt brachte.

Kurz vor Köln
Kurz vor Köln
Der Kölner Dom ist zu groß!
Der Kölner Dom ist zu groß!

Die Tour war eine gute Vorbereitung auf den Elberadweg. Zwar sind einige Etappen nächsten Monat etwas länger, aber zumindest ist der Sattel (oder genauer genommen der Hintern) wohl ausreichend eingefahren. Und den Rest des Rheins mache ich irgendwann sicherlich auch noch mal!

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