Die Wüste fasziniert uns noch immer, doch sie fordert auch ihren Tribut. Hauptsächlich von unserem armen Landrover…
Am nächsten Morgen treffen wir kurz nach dem Aufbruch auf G. und C., die auf dem Campingplatz in Hassilabied neben uns standen. Deren Mercedesbus hat definitiv Wiedererkennungswert. Als wir ihn vor der Auberge Hassi Fougani sehen, machen wir dort kurzerhand eine spontane Pause. Die beiden hatten auch wild gecampt, sind aber vom Besitzer der Auberge eingeladen worden, bei ihm zu frühstücken.
Wild campen ist definitiv eine tolle Art zu übernachten, aber die lokale Bevölkerung unterstützt man damit nicht. Ab und zu in einer der Auberges zu essen, ist da zumindest eine Möglichkeit, etwas Geld da zu lassen. Da wir allerdings schon gefrühstückt hatten, haben wir uns nur zu einem Tee dazu gesetzt. Im Laufe des Tages sind wir den beiden noch zweimal begegnet, obwohl wir nicht ganz die gleiche Route gefahren sind.
Mhamid
Auf halber Strecke zwischen der Auberge und Mhamid gibt es zwei Kontrollposten des Militärs. Dazwischen ist es verboten, die Straße zu verlassen oder gar zu campen. Die Grenze zu Algerien ist hier zu nah und zu gut zu erreichen… Die Leute sind sehr freundlich und die Kontrollen sind entspannt.
Hinter der zweiten Kontrolle gibt es einen Krater mit spektakulär steiniger Auf- und Abfahrt. Hier rumpelt die Strecke so stark, dass uns der Rückspiegel von der Scheibe fällt!
Und dann stehen wir plötzlich am Ende einer beeindruckenden Schlange von Autos. Die „Renault Raid Marokko `23“. Wir werden von ein paar Wagen vorgelassen, sind bei der Abfahrt aber in der Kolonne gefangen. Erst im Kraterinneren können wir an den Renaults vorbeiziehen, die wie eine Perlenkette die schnurgerade Route entlangfahren. Am Kraterende haben wir die Gruppe hinter uns gelassen und sind nun wieder alleine unterwegs.
Das Gerumpel hat nicht nur den Rückspiegel sondern auch eine Blinker-Glühbirne losgerüttelt. Mit viel Fingerverbiegen und unter Zuhilfenahme von Panzertape kriegen wir sie wieder aus der Stoßstange herausgefummelt und an ihrem Bestimmungsort installiert. Aufgefallen ist uns das beim Einfahren nach Tagounite. Unser Gewerkel an der Heckstoßstange zieht dort eine Traube von Jungs an, die erst mit klugen Ratschlägen, dann mit der Frage nach Geld unsere Geduld strapazieren. Als einer dann anfängt, in unseren Kisten mit Werkzeug und Campingkram rumzukramen, müssen wir sie dann doch lautstark vertreiben. Kurz danach ist die Lampe auch endlich gefixt, und wir fahren das letzte Stück nach Mhamid auf asphaltierter Straße. Beim Hamada du Draa können wir uns ein kaltes Bier gönnen und bekommen am Abend wieder eine Tajine. Zum Abschluss des Tages gibt es dann auch noch eine Pfefferminz-Shisha.
Boxenstopp
Neben Rückspiegel und Lampe gibt es auch noch Blessuren am Land Rover, die sich nicht ganz einfach beheben lassen. Wir beschließen, noch einmal einen Pausentag einzulegen und uns ums Auto zu kümmern. Sorgen macht vor allem die Bremse, die zunehmend verzögert kommt. Zunächst stand die Befürchtung im Raum, dass der Bremszylinder leckt, aber nach genauerer Betrachtung sieht es danach aus, dass Getriebeöl aus der Achse auf die Bremse kommt. Wie es der Zufall will, folgt mir seit zwei Tagen ein Mechaniker aus Zagora auf Instagram. Er hat sogar eine PN geschrieben, dass wir vorbeikommen sollen, wenn wir was brauchen. Laut seiner Bilder bei Instagram flickt er wohl am laufenden Band alte Geländewagen zusammen. Und geschäftstüchtig wie er offensichtlich ist, hat er direkt das „Potential“ vom Land Rover erkannt. Er bestätigt auch prompt, dass er die benötigten Ersatzteile parat hat. Also vereinbaren wir einen Besuch für den nächsten Tag.
Zagora ist 1,5 Stunden von Mhamid entfernt und liegt nicht auf unserer Route, aber für einen Oldie-erfahrenen Mechaniker ist es den Umweg wert. Der Chef unseres Campgrounds bietet auch noch an, seinen lokalen Mechaniker anzurufen. Der geht aber nicht ans Telefon: „Vermutlich hat er gestern wieder zu viel getrunken“. Wir bleiben also beim Zagora-Plan.
Das nächste Teil, was wir uns vornehmen, ist der schief hängende Frontscheinwerfer. Seit wir in Ungarn im Bükki auf vereister Straße mit einem Land Cruiser Bekanntschaft gemacht hatten, ist der Scheinwerfer etwas wackelig und jetzt hat er sich so weit losgerüttelt, dass zwei von drei Befestigungen abgebrochen sind. Das Ersatzteil-Kit haben wir zwar dabei – aber es beinhaltet nicht die defekten Teile. Also noch ein Punkt für den Mechaniker in Zagora. Mit O-Ringen und Panzertape basteln wir das Licht behelfsmäßig wieder zusammen. Außerdem schrauben wir unsere Kisten wieder fest. Da haben sich durch das Gerappel einige Schrauben gelöst, teilweise waren schon Winkel abgefallen. Aber insgesamt hat sich unsere Konstruktion im Gelände bewährt. Wir beschließen, das Auto für heute in Ruhe zu lassen und beschäftigen uns stattdessen mit dem Pool…
Der Mechaniker wartet schon 10 km vor Zagora auf uns. Er wirft einen kurzen Blick unters Auto und bestätigt unsere Diagnose. „We can fix it quick“ dauert dann aber doch bis vier Uhr. Dafür haben wir nicht nur neue Dichtungen, sondern gleich eine neue Narbe inklusive Lagern. Und den ganzen schönen Dreck haben sie auch entfernt. Aber den haben wir in den nächsten Tagen ganz schnell wieder drauf. Während der Wartezeit müssen wir natürlich beim Herrn gegenüber essen und beim Herrn nebenan Souvenirs kaufen.
Weiter geht's
Endlich kommen wir dann los und können wieder in die Wüste fahren. Wir müssen den ganzen Weg zurück nach Mhamid fahren und dann noch etwa eine halbe Stunde weiter, bis wir einen schönen Spot zum Übernachten finden. Es war bereits fast dunkel, als wir das Zelt aufgebaut hatten, und wir mussten unser Abendessen im Schein der Stirnlampen genießen. Um uns nicht gegenseitig zu blenden und keine Insekten anzulocken, benutzten wir die roten Lichter. Das führte jedoch zu einem Besuch einer einheimischen Patrouille. Wie sie uns erklären, ist rotes Licht das Signal, dass man Hilfe braucht. Wir sollen bitte auf weißes Licht wechseln und dann noch einen schönen Abend und eine gute Nacht haben. Wir machen die Lampen dann bald ganz aus, denn die Sterne sind so besser zu sehen.
Lake Iriki
Am nächsten Tag planten wir, über den See Iriki Richtung Foum Zguid zu fahren. Die normale Route nach Foum Zguid führt nördlich am See vorbei, aber die südliche Route führt mitten durch den See hindurch. Wir spekulierten, dass dieser, wie alle Flüsse hier, zurzeit ausgetrocknet war – und behielten recht. Die südliche Route schien wohl weniger befahren zu werden als die nördliche und führte durch ein Feld von Dünen, so dass der Weg mitunter schwer zu finden war. Wir verloren ihn immer wieder, kamen aber letztendlich doch am See an. Hier führt der Track schnurgerade über festen Boden, so dass er sehr leicht zu befahren ist. Das Gebiet um den See herum steht unter Naturschutz.
Am Rande der Naturschutzzone schlugen wir unser Zelt auf. Wieder bietet uns ein einzelnstehender Baum Schatten und Schutz vor möglicherweise in der Dunkelheit durch die Wüste fahrende Gefährte. Die werden den Baum hoffentlich weit genug umfahren und so nicht in uns hinein rauschen. Wieder gibt es eine grandiose Sicht in die Landschaft. Allerdings auch unzählige Fliegen, die sich vom Wind nicht abhalten lassen und erst mit dem Sonnenuntergang verschwinden.
Der Weg nach Foum Zguid führt über einige Ausläufer des Atlas. Zunächst mussten wir einige Kilometer Waschbrett ertragen, dann nahm die Steinwüste überhand, und schließlich rumpelten wir über Geröll und Gestein, erst nach Foum Zguid und dann weiter bis Tata. Auf dem Weg kamen wir an einem Geröllfeld vorbei, dessen Steine mit Fossilien übersät sind. Außerdem passierten wir einige interessante Ruinen, deren Namen ich jedoch nicht herausfinden konnte. In Tata gönnten wir uns einen Campingplatz mit Dusche und Waschmaschine. Die Nacht wurde uns wieder mit ausgiebigem Hundegebell „versüßt“ …
Gestern und Morgen
Das war gestern (In die Wüste)
So geht’s weiter (Anti-Atlas)