Vor einer Woche saßen wir in Dortmund beim Italiener, und schmiedeten mal wieder Pläne für die große Tour. Plötzlich kam die Frage auf: „Was machen wir eigentlich Ostern?“ Da wir nun ja gerade in Deutschland waren, stand nicht direkt wieder ein Heimflug an. Vier Tage in Tiszaújváros sind definitv keine Option. Zum campen mit dem Landi ist es noch zu kalt.
Nur eine Stunde von Tiszaújváros entfernt ist Debrecen, mit seinem kleinen Flughafen. Von dort aus kommt man nach Minden, Amsterdam, London… und Tel Aviv! Noch im Restaurant haben wir die Flüge und das Hotel am Strand gebucht. Alles übrige werden wir Spontan entscheiden.
Auf zahlreichen Reiseblogs und Infoseiten findet man Geschichten über die Befragungen am Flughafen, noch vor Abreise. In Debrecen hat man wohl von dieser Praxis noch nichts gehört. Online-Check in, Passkontrolle, Security-Check, alles ganz normal. Am Terminal wurde stichprobenmäßig auf Sprengstoffe getestet, aber das war es auch schon. Jo wurde getestet, ich wurde einfach durchgewunken.
Auf dem Weg zur Passkontrolle kommt man an Reihen von Automaten vorbei. Hier muss der Pass gescannt werden und der „Visa-Zettel“ wird ausgedruckt. Diesen legt man in den Pass und zeigt dann beides bei der Kontrolle vor. Die Kontrolle selber war völlig unspektakulär. Die Wartezeit ließ zwar anderes vermuten und das Paar vor uns wurde zwar nach fünf Minuten Diskussion anscheinend zur weiteren Befragung zu einer anderen Stelle geschickt. Bei uns wurden aber die Pässe nur kurz begutachtet, die Beamtin wünschte uns noch einen guten Tag und dann waren wir im Land.
(Auch bei der Abreise lief alles reibungslos. Die Befragung bei der Security beschränkte sich darauf, ob wir unser Gepäck selber gepackt hätten, ob wir es immer bei uns hatten und ob wir irgendwelche Geschenke erhalten hätten. Nachdem wir das wahrheitsgemäß mit ja, ja und nein beantwortet hatten, durften wir weiter.)
Erste Eindrücke
Vorm Verlassen des inneren Flughafenbereiches haben wir schnell noch unseren als Wegzehrung mitgebrachten Apfel aufgegessen, denn frisches Obst steht auf der Einfuhrverbotsliste. Vom Flughafen aus sind wir mit dem Zug bis zum Hauptbahnhof gefahren. Der Plan, dort eine israelische SIM-Karte zu kaufen, und dann per „Move it“ – App weiter zu navigieren, scheiterte am Nichtvorhandensein von Geschäften am Hauptbahnhof.
Also haben wir uns ein Taxi genommen. Für die 9 Kilometer hat das nur eine halbe Stunde gedauert…
Der Verkehr ist zwar nicht ganz so laut und chaotisch wie zum Beispiel in Ägypten, aber vollgestopft sind die Straßen definitiv.
Wir legen kurz die Beine hoch, dann laufen wir zum Strand runter, den wir von unserem Zimmer aus (mit ein bischen um die Ecke gucken) auch sehen können.
Auch hier ist es vollgestopft. Wir waren ja so schlau, über die Feiertage Ostern / Pessach hierher zu kommen. Und anscheinend hatten halb Israel plus zahlreiche Touristen aus aller Herren Länder die gleiche Idee.
Die Stimmung ist aber entspannt und der Strand ist picobello sauber. Wir laufen bis zum alten Hafen, gönnen uns bei einem Stand am Straßenrand eine Pita und tapern wieder zurück ins Hotel. Den Abend verbringen wir mit Blick aufs Meer auf der Dachterrasse des Hotels.
Zweite Eindrücke
Am nächsten Morgen haben wir einige besorgte Nachrichten von Freunden auf dem Handy, mit der Nachfrage ob bei uns alles in Ordnung ist. Am Abend hat es einen Anschlag in Tel Aviv gegeben, es wurden Touristen verletzt und einer sogar getötet.
Wir hatten zwar am Abend Sirenen von Krankenwagen gehört, die uns aber nicht weiter beunruhigt hatten. In einer Großstadt ist sowas ja nun nicht ungewöhnlich, insbesondere wenn das Hotel in der Nähe eines Krankenhauses liegt.
Wir beraten uns, beschließen aber am Ende, dass wir bleiben werden. Auch mit den erhöhten Spannungen fühlen wir uns hier nicht unsicher. Und wenn jetzt alle Touristen abreisen, würde man den Terroristen das Zeichen geben, dass sie auf diesem Wege ihr Ziel erreichen und uns in Angst versetzen.
Old Jaffa
Unser Hotel befindet sich im Norden von Tel Aviv. Unser erstes Sightseeing-Ziel liegt im Süden. Old Jaffa ist die ursprüngliche Siedlung, 4000 Jahre alt und damit 3900 Jahre älter als Tel Aviv. Erst 1950 wurde Jaffa eingemeindet.
Unser Weg in die alte Hafenstadt führt uns fast die gesamte Küstenlinie von Tel Aviv entlang. Der Fußmarsch dauert etwa eine Stunde, wenn man nicht stehen bleibt um Photos zu machen, ein Eis zu essen, oder sich in ein Cafe zu setzen um Leute zu begucken. Bleibt man allerdings stehen um Photos zu machen, ein Eis zu essen, oder setzt sich in ein Cafe um Leute zu begucken, dauert es auch gerne mal vier Stunden.
Es reihen sich Strand an Strand, mit Restaurants und Cafes gespickt. Wie schon am Strand bei unserem Hotel fällt auch bei allen anderen auf, wie sauber sie sind. Auch am Tag nach dem Attentat, das an der Strandpromenade stattgefunden hat, ist die Stimmung am Strand entspannt. Weder die Einheimischen noch die Touristen lassen sich spürbar davon beeindrucken. Wir können nicht erkennen, wo genau der Vorfall geschehen ist. Es hat den Anschein als wäre nie etwas passiert.
Es gibt hier offensichtlich keinen Dresscode. Jeder läuft rum, wie es ihm gefällt. Und niemand wird blöd angeguckt. Von mehr oder weniger durchtrainierten, gebräunten oder krebsroten Leuten in Bikini oder Badehose, bis zu vollständig in Kleidung gehüllten (aber nicht verschleierten), gibt es hier alles. Auch Paradiesvögel sind einige dabei. Das Einzige, was man nicht sieht, ist klassische Businesskleidung.
Wir genießen das Treiben um uns herum und saugen die Atmosphäre ein, bis wir in Jaffa angekommen sind. Hier sind nur noch Touristen unterwegs. Es ist voll, aber dennoch gut aus zu halten. Da wir uns den Sabbat für die Besichtigung von Jaffa aus gesucht haben, halten sich die Menschenmengen in Grenzen. Nur wenige Geschäfte und Galerien haben geöffnet. Jaffa ist das Künstlerviertel von Tel Aviv, es reiht sich Galerie an Galerie. Auch an den Häuserwänden hängen jede Menge Gemälde und Graphiken. Leider stören die metallgefassten Glaskasten die antike Atmosphäre ein wenig.
Nachdem wir durch die engen Gassen gestromert sind, machen wir uns wieder auf den Weg zurück, wieder an der Strandpromenade entlang, Hier machen wir den klassischen Touristenfehler und setzen uns in eines der Restaurants direkt am Strand. Für zwei Salate und zwei Gläser Wein sind wir so auf einen Schlag 280 Shekel (70 €) los! Aber immerhin war es lecker.
Auch diesen Abend lassen wir auf der Dachterrasse ausklingen. Leider wieder ohne sichtbaren Sonnenuntergang.
Neve Tzedek
Wie am Vortag laufen wir die Strandpromenade entlang gen Süden. Dieses Mal biegen wir aber etwas früher landeinwärts ab. Zuerst schauen wir uns den vielgerühmten Carmel Market an. Es ist voll, hauptsächlich mit Touristen. Besonders sehenswert ist er meiner Meinung nach jedoch nicht. Es ist halt ein großer Markt mit festen Ständen. Hauptsächlich frische Lebensmittel, dazu ein wenig billiger Chinakram.
Wir bleiben nicht lange und gehen weiter Richtung Neve Tzedek. Hier sind die Häuser etwas weniger neu und herausgeputzt wie im Norden, aber neuer als in Jaffa. Es gibt viele Graffitis und ein paar Kunstinstallationen. Hier stolpern wir über einen Kunsthandwerkermarkt, die „alternative“ Atmosphäre gefällt mir auf Anhieb.
Weiter im Süden grenzt Florentin an Neve Tzedek. Unsere Füße haben jedoch keine Lust mehr, also haben wir uns Florentin für ein andermal auf.
Auf dem Weg zurück machen wir noch einen Abstecher zum Museum of Art. Das sah auf den Photos, die ich gesehen habe, architektonisch interessant aus, daher wollte ich einen Blick darauf werfen. Und tatsächlich ist es ganz photogen. Und es liegt in der Nähe des Restaurants, das uns im Vorfeld von einer befreundeten israelischen Veganerin empfohlen wurde, die wir in Ungarn kennengelernt hatten. Bei „Anastasia“ haben wir auch tatsächlich hervorragend gegessen.
Strandtag
Den Vormittag haben wir bei durchwachsenem Wetter im Hotelzimmer vergammelt, den Nachmittag bei zunächst etwas besserem Wetter am Strand.
An jedem Strandabschnitt gibt es Automaten, an denen man Sonnenschirme und Stühle oder Liegen „kaufen“ kann. Mit der Quittung geht man zum zuständigen Mitarbeiter der mit geübten Handgriffen per Akkuschrauber ein Loch in den Sand bohrt, den Sonnenschirm versenkt und die Liegen platziert. Während es Mittags noch angenehm leer ist, füllt sich der Stand Stunde um Stunde mehr. Aber es bleibt angenehm ruhig und entspannt.
Als sich ein Unwetter mit deutlich vernehmbarem Donner ankündigt, bleiben wir zunächst noch sitzen (immerhin müssen die gerade für umgerechnet 20€ gekauften Pommes noch gegessen werden). Erst der Regen treibt uns ins Hotel zurück.
Old North
Es hat in der Nacht eifrig weiter geregnet und es weht ein kräftiger Wind. Am Abend vorher hatten wir noch überlegt, nach Akko oder Haifa raus zu fahren. Allerdings ist heute der Vortag des letzten Pessachtages. Der letzte ist wie der erste Tag von Pessach ein offizieller Feiertag. Wie am Sabbat verkehren dann keine öffentlichen Verkehrsmittel. Beginnend mit Sonnenuntergang am Vorabend. Wir wollen verhindern, in Haifa zu stranden und nicht mehr nach Tel Aviv zurück zu kommen, weil wir den letzten Bus oder Zug verpassen. Also bleiben wir in der Stadt.
Etwas nördlich von unserem Hotel mündet der Yarkon ins Meer. Entlang des Flusses gibt es eine ausgedehnte Grünanlage, durch die wir einen schönen Spaziergang gemacht haben. Der Rückweg führte uns kreuz und quer durch die Straßen von „Old North“.
Als wir wieder am Hotel angekommen sind, hat es deutlich aufgeklart. Daher beschließen wir spontan, nochmal zum Strand zu gehen. Es ist alles geschlossen, vermutlich wegen des anstehenden Feiertages. Da so gut wie nichts los ist, brauchen wir aber auch keinen Sonnenschirm, sondern können uns unter das Doch eines der Holzbungalos setzen, die jetzt alle frei sind.
Leider ist auch heute die Sonne beim Untergehen nicht besonders kooperativ, im letzten Moment verschwindet sie wieder hinter ein paar Wolken.
Zum Abendessen gönnen wir uns israelische „Tapas“. Wir hatten eigentlich schon damit gerechnet, dass die Restaurants wegen des Feiertages geschlossen haben, aber die meisten sind offen – und sehr gut besucht.
Dann lassen wir, wie bereits gewohnt, den Abend auf der Dachterrasse ausklingen.
Dieser Kurztrip nach Tel Aviv war genau das Richtige, um wieder Energie für die nächste Zeit auf der Baustelle in Tiszaújváros zu tanken. Und es war sicherlich nicht unser letzter Besuch dort. Es gibt so viel zu sehen, was wir in der kurzen Zeit nicht geschafft haben – und wir sind nicht mal aus Tel Aviv rausgekommen!