Wieder mal verbringe ich dank einer Dienstreise ein Wochenende im Ausland. Cluj-Napoca liegt in Siebenbürgen und ist die zweitgrößte Stadt Rumäniens. Obwohl man auch hier locker ein Wochenende verbringen kann, ohne sich zu langweilen, steht dieses Mal jedoch ein Parforceritt auf dem Programm. 700 km stehen nach der Tour auf dem Zähler!
Sighișoara, Brașov, die Schlösser von Peles und Bran, die Karpaten… es gibt viel zu sehen! Ich bin dieses Wochenende nicht alleine unterwegs – insgesamt sind wir zu fünft. Die Mitarbeiterin vom Lieferanten hat mich vor zwei Jahren schon einmal auf einer Wochenend-Tour begleitet. Auch damals haben wir die Region um Brasov besichtigt. Da aber mein Kollege und die beiden Kundinnen das erste Mal in Rumänien sind, bekomme ich Sighisoara, Brașov und Bran erneut zu sehen.
Zunächst müssen wir jedoch dort ankommen. Das Problem: in Rumänien gibt es so gut wie keine Autobahnen. Und auch die Landstraßen sind nicht immer in gutem Zustand. Autofahren wird hier also zur Geduldsprobe. Insbesondere da hier kaum mal 100 Meter geradeaus gefahren werden kann. Kleine Anekdote am Rande: Irgendwo zwischen Cluj-Napoca und Sighișoara. Tempolimit 50. Wir fahren 60. Uns hängt fast im Kofferraum: die Polizei. Bei erster Gelegenheit werden wir rasant überholt.
Freitag: Sighișoara
Obwohl wir am Freitag schon Mittags losfahren, kommen wir erst am späten Nachmittag in Sighișoara an. Wie die meisten Städte in der Region, wurde Sighișoara von deutschen Einwanderern gegründet. Daher ist es auch unter dem Namen „Schäßburg“ bekannt. Das historische Stadtzentrum ist recht gut in Schuss gehalten und sehr sehenswert. Dass die Stadt ein Touristenmagnet ist, liegt aber wohl eher daran, dass sie als Geburtsort von Vlad Țepeș (also Dracula) gilt. Netterweise wird das aber nicht zu sehr propagiert. Zwar findet man den ein oder anderen Hinweis darauf, Dracula ist hier aber nicht erdrückend allgegenwärtig. Also, nicht mehr als überall sonst in Siebenbürgen. Wem das als Motivation zum Besichtigen des Städtchens nicht ausreicht: Im hiesigen Cafe Martini bekommt man die besten Papanași Rumäniens! Ich habe zumindest noch keine besseren gegessen (und ich habe wirklich viele probiert).
Spät am Abend erreichen wir dann unser Hotel in Brașov. Eine kleine Pension mit Blick auf die Berge und die Stadt im Talkessel. Wirklich schön! Während unsere Kundinnen müde ins Bett fallen, genießen wir anderen die Aussicht noch bei einem gemütlichen Glas rumänischen Rotweins.
Samstag: Peleș und Bran
Am nächsten Morgen fahren wir zunächst nach Peleș. Das Prunkschloss wurde zwischen 1873 und 1883 gebaut. Die Einrichtung ist durchaus beeindruckend, getrübt wird das Erlebnis jedoch durch die Menschenmassen, mit denen man sich gezwungenermaßen durch die Räume schiebt. Das Schloss darf man nicht auf eigene Faust besichtigen. Die englischsprachige Führung findet einmal pro Stunde statt und es gibt anscheinend keine maximale Gruppengröße. Wir sind mit über hundert Besuchern hindurchgeschleust worden. Inhaltlich lässt die Führung leider zu wünschen übrig, was sowohl an der offenkundig mangelnden Motivation der Führerin als auch an der schwierigen Akustik lag (bei hundert Menschen in einem Raum kann man wohl keine Stille erwarten). Unseren brunesischen Kundinnen hat ihr erstes europäisches Schloss zum Glück jedoch richtig gut gefallen. Im Anschluss sind wir noch ein bisschen über den Markt am Fuße des Schlosses gebummelt. Hier gibt es jede Menge Souvenirs. Sowohl kitschiges als auch richtig schönes ist hier in Hülle und Fülle zu bekommen.
Bran ist ein deutlicher Kontrast zu Peleș. Auch wenn es als „Schloss Bran“ bezeichnet wird, handelt es sich doch eher um eine Trutzburg (dazu passend der deutsche Name für Bran: „Törzburg“). Der Einrichtungsstil ist schlicht, und es ist deutlich kleiner als Peleș. Angeblich handelt es sich um die ehemalige Wohnstätte von Dracula, und mit diesem Motiv wird hier dementsprechend offensiv geworben. Über den Wahrheitsgehalt dessen kann mal allerdings streiten. Anders als in Peleș kann man hier ohne Führung durch die Burg gehen. Alleine ist man jedoch trotzdem nie. Historisch Interessierte können hier viel Zeit damit verbringen, sich die Infotafeln, Ausstellungsstücke und Bilder und Videos anzusehen. Für die „Folterkammern“ ist vorab extra Eintritt zu bezahlen, was sich aber durchaus lohnt, wenn man dafür was übrig hat.
Der Markt ist hier deutlich größer als in Peleș, größtenteils bekommt man jedoch den gleichen Kram. Etwas abgeschieden vom restlichen Markt gibt es jedoch einen kleinen Teil auf dem traditionelles Kunsthandwerk gezeigt und verkauft wird. Das lohnt sich auf jeden Fall!
Auch heute lassen wir den Abend mit einem leckeren Rotwein in unserer Pension in Brașov ausklingen.
Sonntag: Bucegi Gebirge
Die Region hat nicht nur schöne Städte und interessante Bauten zu bieten, sondern auch eine wunderschöne Natur. Daher machen wir heute eine Jeep-Tour durch das Bucegi Gebirge (das zu den Südkarpaten gehört). In Bușteni gibt es einige Anbieter für solche Touren. Unser Fahrer Mihai ist ein lustiger Vogel, auch wenn wir uns nur rudimentär verständigen können, haben wir jede Menge Spaß. Nur über Lautstärke und Stil der Musik können wir uns nicht ganz einig werden. Nun ja.. der Fahrer bestimmt nun mal…
Nach ein paar Photostopps kommen wir am ersten Ziel an, dem Kloster Lalomiţa. Gneau genommen kommen wir auf einem Parkplatz an, von dort aus laufen wir auf einem gut ausgebauten Pfad durch den Wald bis wir an der Lalomiţa-Höhle angekommen sind. Im Eingang der Höhle befindet sich das winzige Kloster. An und für sich sehr sehenswert, leider ist es seit kurzer Zeit von einem Stahlkonstrukt umgeben, dessen Sinn uns nicht wirklich erschloss, aber den Gesamteindruck eindeutig trübt. Die Tropfsteinhöhle selber haben wir nicht besichtigt, wir wollten ja noch weiter zum „Babele“.
Vor der Wanderung zu diesem Wahrzeichen der Region stärken wir uns jedoch mit Fleisch und Würstchen sowie Mamaliga Kubranza (einem Ball aus Polenta mit Käse) alles frisch vom Grill. Der steht am Weg zum Kloster und hat uns schon auf dem Hinweg angelacht.
Ausgangspunkt für unsere Wanderung ist dann die Cabana Piatra Arsă. Die vielen Autos, die hier parken, zeigen uns gleich, dass wir auch hier nicht alleine sein werden. So kann man sich auf dem Weg zum Babele auch nicht verlaufen, man muss einfach den anderen Menschen hinterher tapern. „Babele“ heißt „Großmutter“ – ich muss jedoch gestehen, dass mir anscheinend Phantasie fehlt, um in den Felsformationen eine alte Frau zu erkennen. Die Bucegi-Sphinx macht es einem da etwas einfacher. Und die Aussicht auf die umgebenden Bergketten ist nicht zu verachten. Der Aufstieg zieht sich, ist aber nicht weiter anstrengend. Man kann auch von Bușteni aus mit der Seilbahn hier hochfahren, wenn man nicht laufen möchte. Die war heute allerdings nicht in Betrieb (den Grund dafür haben wir nicht herausgefunden). Vermutlich ist dann hier oben noch mehr los. So war es durchaus noch angenehm. Auch in der Hütte war nicht allzu viel Betrieb.
Nach einem erfrischenden Getränk laufen wir wieder zum Parkplatz zurück. Mihai bringt uns zu unserem Auto, das wir in Bușteni geparkt haben und wir machen uns direkt auf den Weg zurück nach Cluj-Napoca. Zum Glück liegt das in entgegengesetzter Richtung als Bukarest. Der Stau, den wir in der anderen Fahrtrichtung sehen, ist beeindruckend. Wir kommen gut durch und sind kurz vor Mitternacht wieder zurück. Ein anstrengendes Wochenende voller Eindrücke liegt nun hinter uns, und leider eine Woche voller Arbeit vor uns. Dies wird sicher nicht mein letztes Wochenende in Rumänien sein!