Auf See #1

Auf See

Von Ushuaia nach Südgeorgien braucht die MS Bremen drei Tage. Diese verbringen wir damit, uns mit dem Schiff vertraut zu machen, die Mitreisenden kennenzulernen und die Vögel zu beobachten, die unsere steten Begleiter hier sind.

Erster Seetag

Die MS Bremen hat Platz für 155 Passagiere, wir waren jedoch nur 102. Das Angebot für Alleinreisende hat viel Anklang gefunden. Und da viele Passagiere ohne Begleitung an Bord waren, ist man schnell miteinander ins Gespräch gekommen. Beim Abendessen gab es fest zugeteilte Sitzplätze, die Zuordnung erfolgte anhand von Alter, Beruf und Wohnort – den Angaben halt, die die Maître d’hôtel von uns hatte. Es war jedoch ohne Probleme möglich, nach dem ersten Abend die Plätze neu zu ordnen. So saß ich für den Rest der Reise in der Gruppe, die sich schon während der Stadtrundfahrt in Buenos Aires zusammengefunden hatte. Sicher wäre es auch nett gewesen, mit den anderen Passagieren beim Abendessen zu parlieren, aber dafür gab es ja noch genügend andere Mahlzeiten. Z.B. das „Early Bird Frühstück“, für die Leute, die noch früher aufgestanden sind als ich, das normale Frühstück, die Boullion am Vormittag, Mittagessen, Kaffee und Kuchen, Cocktail und Snacks, den Late Night Imbiss…

Der Altersdurchschnitt lag grob geschätzt bei gut über 60 Jahren, nur vier von uns waren unter 40. Aber bis auf wenige Ausnahmen konnte man mit jedem gut zurecht kommen. Auch Prominenz war an Bord (worauf ich jedoch erst hingewiesen werden musste, da ich in der Riege der deutschen Serienschauspieler nicht sehr bewandert bin). Aber auch hier war der Umgang sehr angenehm, jeder hat akzeptiert, dass alle an Bord einfach zum Urlaub machen da waren.

Zwischen all den Mahlzeiten gab es dann noch Vorträge und Infoveranstaltungen. Der erste Vortrag kam von Dr. Christine Reinke-Kunze, die uns von Sir Ernest Shackleton erzählte, einem der berühmtesten Antarktis-Erforscher. Dieser sollte uns in den nächsten Wochen immer wieder „begegnen“. Schon vor der Reise habe ich Alfred Lansings „635 Tage im Eis“ gelesen, ein absolut spannender Bericht über die Shackleton-Expedition, deren Ziel es war, die Antarktis zu durchqueren, und die damit endete, dass die tapferen Männer um Shackleton nach dem Untergang ihrer „Endurance“ auf einer Nussschale durch die rauhen Gewässer den Rückweg in die Zivilisation finden.

Der Vortrag am Nachmittag hieß „Wasser, Wind und Wellen“ und stammte von Dr. Wolfgang Wenzel, einem der beiden Physiker, die uns als Experten begleiteten. Neben den Vorträgen besteht deren Aufgabe darin, uns bei den Landgängen zu begleiten, dort zu informieren und darauf aufzupassen, dass wir den Tieren nicht schaden und nicht verloren gehen…

So verging der erste Tag auf See mit Essen, plaudern, zuhören, Essen und an der Reling stehen und in die Ferne schauen.

Der Horizont ist heute etwas schief
Der Horizont ist heute etwas schief.
MS Bremen #2
MS Bremen

Zweiter Seetag

Der zweite Tag auf See bot hier wenig Abwechslung. Wir haben viel gegessen, den Vorträgen des Geologen Dr. Hajo Lauenstein („Feldspat, Quarz und Glimmer, die vergess ich nimmer“) und der Biologin Dr. Antje Kakuschke („Robben in der Antarktis und ihr Speiseplan“) gelauscht, noch etwas mehr gegessen… Außerdem haben wir unsere dicken Parkas und gefütterten Gummistiefel bekommen. Ein Wunder, dass in dem Klamottenchaos jeder mit einer passenden Ausstattung rausgekommen ist. Am Abend gab es dann den „Willkommenscocktail“. Eine der beiden Veranstaltungen, für die man sich in Schale werfen musste.  
Pool Time
Pool Time

Dritter Seetag

In der Nacht auf den dritten Seetag haben wir die Antarktische Konvergenz überfahren, und damit offiziell antarktische Gewässer erreicht. Hier trifft das kalte, nordwärts fließende Wasser der Antarktis auf südwärts fließendes wärmeres Wasser aus dem Norden. Die Antarktische Konvergenz kann um 150 km nach Norden oder Süden wandern, je nach Wetter und Jahreszeit. Da unser erster Landgang jetzt nur noch einen Tage entfernt war, wurde es Zeit für die Einweisung ins Zodiacfahren (genau genommen ins Ein- und Aussteigen, denn selber fahren durften wir leider nicht). Außerdem wurden Kleidung und Rucksäcke auf Samen, Erde, etc. untersucht, so dass wir auf keinen Fall fremdes Material auf die Insel bringen konnten um die einzigartige Flora und Fauna nicht zu gefährden. Deswegen muss man auch vor jedem Landgang durch eine Desinfektionsanlage laufen. Dann gab es noch einen Vortrag über die Verhaltensregeln an Land (Abstand halten, Tiere nicht anfassen) und die Vorträge „Südgeorgien – Subantarktisches Paradies“ und „Seevögel der südlichen Breite“.

Am Abend gab es das erste Land zu sehen. Die Shag Rocks sind jedoch nur von unzähligen Vögeln bewohnt, Menschen leben hier nicht. Die Vulkaninseln gehören zu Südgeorgien und damit zum britischen Hoheitsgebiet. Allerdings erhebt Argentinien ebenfalls Ansprüche. Im Gegensatz zu den Falklandinseln spielen diese kargen Felsen allerdings eine untergeordnete Rolle in diesem noch immer schwelenden Konflikt.

Während wir gerade die Speisekarte fürs Abendessen studierten, gab es plötzlich eine Durchsage vom Kapitän: „Wale!“. Natürlich haben wir alles stehen und liegen gelassen und standen bald staunend an Deck. Selbst unsere Experten und die Crew waren aufgeregt, denn eine Schule von rund 50 Sei-, Buckel- und Finnwalen sieht man wohl nicht alle Tage. Zumal es Anfang Dezember eigentlich noch recht früh für die Wale war. Die Tiere kamen ohne Scheu ganz nah ans Schiff heran, das fotografieren war aber trotzdem nicht ganz einfach. Kaum hat man den Auslöser gedrückt, ist der Wal schon wieder untergetaucht. Erst über eine Stunde später hatten die Wale das Interesse an uns verloren und machen sich wieder auf den Weg, weiter Richtung Süden, während wir wieder Fahrt Richtung Südgeorgien aufnahmen.

Shag Rocks #2
Shag Rocks
Wale! #1
Wale!
neugieriger Wal ohne Berührungsängste
neugieriger Wal ohne Berührungsängste

Gestern und Morgen

Das war gestern (Reise nach  Feuerland)

So geht’s weiter (Drei Bays an einem Tag)

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