Quarantänehotel - Aussicht 1

Wie man nach Brunei kommt

Brunei Darussalam, „Ort des Friedens“, einziges Sultanat in Südostasien, seit 1984 von Großbritannien unabhängig, ist dank Öl- und Gasvorkommen eines der reichsten Länder der Welt. Und eben diese Vorkommen bringen mich hierher, denn es entsteht eine neue Düngemittelanlage, an der ich seit knapp drei Jahren mitarbeite. Und nun soll sie bald in Betrieb gehen. Also hieß es für mich nach drei Jahren Vorfreude endlich: ab nach Brunei!

So einfach war das allerdings nicht. Denn in Zeiten von Corona zu reisen, führt zu einigen Kuriositäten. Meine Abreise nach Brunei hat sich um drei Wochen verzögert, weil neuerdings ein negativer Covid-Test vorgelegt werden muss, um überhaupt ein Visum für Brunei beantragen zu dürfen. (Genau genommen hat sich die Abreise um einige Monate verzögert, da zwischenzeitlich an Reisen ja gar nicht gedacht werden konnte). Im Vorfeld war ich ja bereits zum Gesundheitscheck, der schon prä-Covid von Brunei gefordert wurde. Immerhin weiß ich dank dieser Reise nun dass ich weder Lepra habe, noch Epilepsie oder AIDS und auch die Röntgenaufnahme meiner Lunge war tiptop! Nun also noch ein Covid-Test. Da unser betriebsärztlicher Dienst mit einer Praxis in Wiesbaden kooperiert, hatte ich also erstmal eine „Dienstreise“ in die Hauptstadt Hessens gewonnen. Am nächsten Tag das Ergebnis: negativ.
Es stand also dem Visum nichts mehr im Wege. Nur etwas Geduld musste ich mitbringen. Das sogenannte „Pre-Approval“ ließ vier Wochen auf sich warten. Mit diesem konnte dann der Flug gebucht werden und mit der bestätigten Flugbuchung durfte dann das Visum beantragt werden. Knapp eine Woche vor Abflug war dann tatsächlich auch das „Final Approval“ da. Sieben Wochen nach dem Covid-Test.

Frankfurt – Abu Dhabi
06:15 h / Etihad

Abu Dhabi
02:00h Aufenthalt

Abu Dhabi – Kuala Lumpur
07:15 h / Etihad

Kuala Lumpur
08:50 h Aufenthalt

Kuala Lumpur – Bandar Seri Begawan
01:50 h / Royal Brunei

Am Freitag rief mich die Kollegin an, die uns bei dem gesamten Reiseprozess unterstützt. Der Kollege, der zwei Tage nach mir fliegt, wäre von Etihad informiert worden, dass er einen frischen Corona-Test vorweisen muss, um an Bord gehen zu dürfen. Ob ich diese Information auch erhalten hätte? Nein, hatte ich nicht… Aber zum Glück wohne ich ja in Frankfurt, und kann Montag eben zum Testcenter am Flughafen fahren. Nach fünf Stunden hatte ich das erneute negative Ergebnis, wieder ein Schritt auf dem Weg nach Brunei geschafft!
Beim Recherchieren auf der Etihad-Seite war mir aber noch eine Information ins Auge gesprungen. „Es ist nur ein persönlicher Gegenstand (Tasche, Rucksack, etc.) mit maximal 5kg erlaubt.“ Bis da hin war ich von den normal gültigen zwei Handgepäckstücken und 12 kg ausgegangen! Mit Firmenlaptop, ATEX-Tablet (für explosionsgefährdete Bereiche, auf der Baustelle benötigt), privatem Laptop, ebook-Reader, Kamera + Objektiv sowie VR-Brille hab ich einiges dabei, was ich sehr ungern im Koffer verstauen wollte. Wer mal gesehen hat, wie mit Koffern am Flughafen umgegangen wird, versteht meine Sorge wohl. Abgesehen davon, dass bei zwei Umstiegen die Verlustgefahr von Koffern durchaus gegeben ist…
Nach viel Gezirkel und Gewiege war klar, Firmenlaptop, Ex-Tablet und ebook-Reader gehen ins Handgepäck, der Rest muss in die Koffer. Und selbst dann muss das Gewicht des Rucksacks geschönt werden, sollte er beim Check-In auf die Waage müssen. Zum Glück hat meine „Reisehose“ große, tiefe Taschen, in denen man zur Not auch einen ebook-Reader verstecken kann…
Letzten Endes hat sich das alles aber als halb so schlimm herausgestellt. Auf Nachfrage durfte ich die Oculus Quest noch aus dem Koffer holen und als Handgepäck mitnehmen. Zitat beim Vorzeigen der VR-Brillen-Tasche:  „Pffff, klar, überhaupt kein Problem! Sie sollten mal sehen, mit was die Leute hier teilweise ankommen! Das kleine Ding können Sie locker mit rein nehmen.“ 
Etwas schwieriger war das Sichten und Einordnen meiner Papiere. Beim Check-In wird schon kontrolliert, dass mein Visum gültig ist und alle Papiere in Ordnung sind. Allerdings besteht das für Brunei aus etwa 25 ausgedruckten DIN A4 Zetteln, plus dem Covid-Test (der natürlich auch ausgedruckt werden muss). Und der Etihad-Mitarbeiter hatte wohl ähnlich häufig mit brunesischem Einreisepapierkram zu tun wie ich. Da sich auf diesem Flug allerdings nur ganze zwei Business-Class-Passagiere befanden, und der zweite noch nicht in Sicht war, hatten wir beim Check-In alle Zeit der Welt das Ganze ohne Stress zu sortieren…

Zwischenstopp in Kuala Lumpur
Gleich geht es los!

Der gesamte Flugbetrieb in Frankfurt lief über Terminal 1, und trotzdem war kaum was los. Viele Geschäfte und auch die Business-Lounge waren noch geschlossen, daher durfte ich in die Senator Lounge. Spoiler: ist auch  nicht beeindruckender als die Business-Lounge. Beeindruckend fand ich allerdings, dass ich mich kaum mit meiner Cola hingesetzt hatte, als mir von gegenüber jemand zuwinkte. Ein Kollege. Mit dem ich zusammen auf der Anlage in Port Said war. Und den ich seitdem nicht mehr gesehen hatte. Er war wieder auf dem Weg dort hin, um die letzten offenen Punkte zu klären. Ernsthaft – gefühlt 100 Leute am gesamten Flughafen und ich treffe einen lieben Kollegen? So ging die Stunde Wartezeit bis zum Boarding sehr fix vorüber.
Das Boarding war dann auch in Rekordzeit abgeschlossen. Wie bereit geschrieben – zwei Passagiere in der Business-Class. Und vielleicht zehn in der Economy. Warum wir jetzt aber beide eine Boardkarte für den gleichen Platz hatten, konnte niemand erklären. Ich durfte mir dann aber einen anderen Sitz aussuchen, da waren sie jetzt mal ganz flexibel 😀 
Der Umstieg in Abu Dhabi lief recht easy. Zwei Stunden Aufenthalt, bzw. eine Stunde von Ankunft bis Boarding, kriegt man auch bei geschlossenen Läden gut rum. Genau richtig, um sich vorm zweiten Flug die Beine zu vertreten. Hier waren wir zu dritt in der Business-Class, diesmal stimmte auch alles mit den Boardkarten.
Etwas nervös hat mich jedoch die Mitarbeiterin von Etihad gemacht, die mich am Gate ansprach. Ich könne ja mein Gepäck in Kuala Lumpur nicht selber abholen und bei Royal Brunei einchecken, da ich auch dort das Terminal nicht verlassen darf. Aber sie hätten ihren Kollegen dort schon eine Email geschrieben, und man würde sich dort um mein Gepäck kümmern. Die Info war sicherlich zur Beruhigung gedacht, aber da ich vorher gar nicht auf die Idee gekommen war, dass ich hier ein Problem bekommen könnte, war der Effekt der Beruhigung nicht allzu groß. 
In Kuala Lumpur wurde ich dann auch direkt wieder von einer Etihad-Mitarbeiterin angesprochen, die einen zerknitterten Zettel in der Hand hielt (vermutlich die ausgedruckte Email). Sie teilte mir mit, dass ich ja mein Gepäck nicht abholen dürfe und dass ich beim Check-In weitere Infos bekomme. Der wäre allerdings erst drei Stunden vor Abflug möglich. Also hieß es mal wieder: Geduld!

"Most Shops are open"
"Most Shops are open"
Suppe mit ... irgendwas
Suppe mit ... irgendwas

Der Flughafen war wie ausgestorben. Angeblich waren „most shops“ offen, allerdings haben die hier eine seltsame Auffassung von „most“. Da werden neun Stunden Aufenthalt schon lang. Praktischerweise ist das Terminal hier ringförmig, so dass man schön im Kreis tapern kann. Also Podcast auf die Ohren und laufen bis der Hunger kommt. Da ich ja noch nicht einchecken konnte, hatte ich auch erstmal keinen Boarding Pass, durfte aber zum Glück ausnahmsweise mit der Buchungsbestätigung in die Lounge.
Mit Suppe im Bauch habe ich erstmal meine Emails gecheckt, den Kollegen per Teams eine Lebensmeldung gegeben und dann weiter meine Runden gedreht, bis ich endlich einchecken konnte. Zunächst wurden wieder die gesamten Papiere durchgeschaut. Die zum Glück noch immer in Ordnung waren. Nur dummerweise konnte die Dame am Schalter mir nichts zu meinem Gepäck sagen, außer dass ich wohl am Gate informiert werden würde.
Dann kam wieder ein Anruf von der Reise-Orga-Kollegin. Der Kollege, der am nächsten Tag fliegen soll, wäre wieder von Etihad angerufen worden. Er könne den Flug so wie geplant nicht machen, weil das mit dem Gepäck nicht funktioniert. Jetzt wollte sie von mir wissen, wie das denn mit meinem Gepäck ist. Tja. Meine Antwort war wohl eher nicht hilfreich…
Am Infoschalter konnte man mir dann mitteilen, dass man mein Gepäck auf dem Schirm hat, dass es in den Flieger gebracht wird, und ich am Gate die Gepäckabschnitte erhalte. Und dass sie das momentan eigentlich ziemlich oft so machen, und sie deswegen nicht  verstehen, warum man dem Kollegen mitgeteilt hätte, dass das nicht geht. Ich bin ja gespannt, was der dann erzählt, wie es bei ihm geklappt hat. (Nachtrag: er ist nur mit Handgepäck geflogen und hat sich die Koffer per Post nachschicken lassen).
Am Gate wurden mir dann tatsächlich meine Gepäckabschnitte in die Hand gedrückt. Und in Bandar Seri Begawan konnte ich auch meine beiden Koffer vom Band nehmen! Also alles gut gegangen.

Quarantänehotel - Aussicht 2
Aussicht im Quarantänehotel

Bei der Ankunft in Brunei war alles generalstabsmäßig geplant. Nach dem Ausfüllen diverser Immigration Papers (Wo komme ich her, wo will ich hin, und ja ich bestätige gerne zum dritten Mal, dass ich mich freiwillig in Quarantäne begebe…) wurden schnell ein paar Euros in brunesische Dollar gewechselt, um die Visumsgebühren zu  bezahlen. Dann wurde mir ein rosa Papier-Armband verpasst, andere Passagiere wurden in grün, weiß, blau, etc. ausgestattet – je nachdem wo sie zur Quarantäne untergebracht würden. Nach der Handgepäckkontrolle (Zigaretten? Alkohol? Was sind das für komische elektronische Geräte?) und schon wurde meine rosa Gruppe in einen Minibus geleitet und ins Empire Hotel gebracht. Das alles unter Aufsicht von bewaffneten Polizisten und Mitarbeitern des Gesundheitsministeriums in Tarnfleckuniform. 
Im Hotel wurde ich von einer sehr netten Mitarbeiterin zum Zimmer geleitet, die mir auf dem Weg kurz noch die wichtigsten Infos gab (wenn ich außerhalb des Zimmer erwischt werde, muss ich 15.000 $ Strafe zahlen, es darf mich natürlich auch niemand besuchen, Essen wird mir dreimal am Tag im Plastikbeutel an die Zimmertür gehängt, Müll soll ich genauso an die Tür hängen, ich werde täglich vom Gesundheitsministerium angerufen um über mein Empfinden befragt zu werden, am Montag wird nochmal ein Covid-Test gemacht). Dann wünscht sie mir noch ein gutes Durchhaltevermögen und schließt die Türe hinter mir.
Ich bin also endlich in Brunei!

Hotel-Dinner
Hotel-Dinner

Gestern und Morgen

Das war gestern (…)

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